26. März 2014
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Fachtag

HILFE FÜR JUNGS – DER FACHTAG

Sexuelle Gewalt, Trauma, Prostitution

8. September 2014 in Berlin

Wir danken allen Teilnehmenden für den schönen Tag! An dieser Stelle wird im Laufe des Jahres 2015 die online-Dokumentation des Fachtages erscheinen.

Pressemitteilung zum Fachtag


Seit 20 Jahren unterstützen wir Jungen und jungen Männern im Umgang bei den Themen sexuelle Gewalt, Trauma und Prostitution. In diesen 20 Jahren hat sich auch gesellschaftlich und politisch einiges verändert, anderes nicht: Fortschritt und Stillstand zugleich.

Zum Anlass unseres Jubiläums wollten wir über aktuelle Entwicklungen und Debatten informieren und in Austausch mit Fachleuten treten. Deshalb veranstalteten wir am 8.9.2014 einen ganztägigen Fachtag und freuten uns über eine rege Teilnahme
(Einladung als PDF).

 

Programm

 

8.30 – 9.30           Check In

 

9.30 – 11.00         Plenum

Begrüßung 

Eröffnungsansprache
Prof. Dr. Hans Anand Pant, Vorstandsmitglied HILFE-FÜR-JUNGS e.V.

Grußwort
Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen
Wohlfahrtsverbandes – Gesamtverband e.V.

Standpunkte
Wie zugänglich ist das Hilfesystem für Jungen, die sexuelle Gewalt erlebt haben?

 

11.15 – 12.45      Workshops 1-4

WS 1: Erkenntnisse der Traumapädagogik und deren Umsetzung in der ambulanten sozialpädagogischen Erziehungshilfe

Der Fokus des Workshops liegt auf einer praxisorientierten Einführung in die Prinzipien der Traumpädagogik. Konkretisiert werden diese anhand der Arbeit des „Projekts Ambulante Hilfen“.  Dieses Projekt von HILFE-FÜR-JUNGS e.V.  arbeitet im Rahmen sozialpädagogischer Erziehungshilfe mit Jungen und deren Familien im Kontext sexueller Gewalt.
Die Einführung in die theoretischen und praktischen Grundlagen der Traumapädagogik wird mit einzelnen anwendungsbezogenen Elementen ergänzt.
Mit Lars Dabbert und Malte Jansen (Projekt Ambulante Hilfen)

 

WS 2: Armutsprostitution von Jungen und jungen Männern als Form der strukturellen Gewalt – was tragen die Gesellschaften dazu bei?

Ein Großteil der sich prostituierenden jungen Männer in Deutschland kommt aus anderen Ländern in der Hoffnung, sich hier oder in ihrer Heimat ein besseres Leben aufzubauen. Um ihre Lebenswelten (Situation) besser zu verstehen, wollen wir in uns in diesem Workshop u.a. über folgende Themen austauschen:
Wie werden diese Männer in ihren Herkunftsländern sozialisiert?
Wie sehen ihre Bildungs- und Berufschancen aus?
Welche Formen der Ausgrenzung und Diskriminierung erfahren sie in ihrem Alltag?
Werden sie diskriminiert aufgrund von ethnischen Zuschreibungen oder sexueller Orientierung? Inwieweit gleichen diese strukturellen und sozialen Gegebenheiten der Situation hier in Deutschland?
Welche sind die gesellschaftlichen und persönlichen Konsequenzen daraus?
Mit Tanja Gangarova und Stefan Schröder (subway)

 

WS 3: Die letzten 30 Jahre: Sexuelle Gewalt an Jungen! Was hat sich geändert?

Podiumsdiskussion mit
Norbert Denef,
Frauke Homann,
Dr. Christian Sachse,
Rainer Ulfers: Vorherrschende Rollenbilder und Geschlechterverhältnisse sowie  Rollenzuschreibungen beeinflussen bzw. behindern die Entwicklung der eigenen Identität von Jungen und Männern. Da hat sich auch in den letzten 20 Jahren substantiell wenig verändert. In der Arbeit mit männlichen Betroffenen von sexueller Gewalt braucht es hierüber eine ständige Auseinandersetzung und muss sowohl in der Prävention  als auch in der Intervention Berücksichtigung finden. Das eigene oder das gesellschaftlich konstruierte Bild von Männlichkeit behindert oft die Hilfesuche von Jungen, die sexuelle Gewalt erlebt haben.
Lutz Volkwein: Es gibt keine Empathie für Jungen. Was es gibt sind Konzepte und Angebote der Disziplinierung von Jungen. Wer sich für betroffene Jungen engagiert, begegnet Misstrauen und Unterstellungen. Es muss eine bedingungslose Wertschätzung betroffener Jungen geben. Die Betroffenen, egal welchen Geschlechts, dürfen nicht gegeneinander aufgerechnet und ausgespielt werden, sondern es ist davon auszugehen, dass jede Verletzung eine eigenständige Qualität von Schmerz ist, die es nicht zu relativieren gilt.
Daniel René Hartmann: Er erfuhr bereits ab dem 6. Lebensjahr sexuelle Gewalt und konnte sich aus der Spirale bis zum 28. Lebensjahr nicht lösen. Heute geht er sehr offensiv mit dem Thema um und möchte anderen Betroffenen Mut machen, u.a. durch Selbsthilfeaustausch über seinen Internetblog und diverse Öffentlichkeitsauftritte und Interviews. Sein Motto lautet: „Wer sexuelle Gewalt ignoriert oder gar tot schweigt, stärkt sie und das Täterhandeln“.

 

WS 4: Müssen Jungen geschützt werden? – Prävention sexueller Gewalt an Jungen am Beispiel Schule

Präventionsmöglichkeiten sexualisierter Gewalt sind vielfältig und können an unterschiedlichen Ebenen und Zielgruppen ansetzen. Eine Möglichkeit, um einen möglichst großen Einfluss und eine positive Entwicklung zu erhalten, stellt die schulische Prävention im Klassenkontext dar. In Bezug auf sexualisierte Gewalt müssen diesbezüglich geschlechtsspezifische Dynamiken berücksichtigt werden. Das Thema männliche Betroffenheit bei sexualisierter Gewalt leidet heutzutage immer noch an starken Tabuisierungen und wird in weiten Teilen der Gesellschaft ignoriert. Obwohl die negativen Folgen sexualisierter Gewalt an Jungen und Männern in zahlreichen Studien belegt wurden, halten sich in weiten Teilen der Gesellschaft viele Vorurteile und „männliche Prototypen“, die denen des männlichen „Opfers“ widersprechen.
Anhand konkreter Beispiele aus der schulischen Prävention soll ein Einblick in mögliche Methoden und Herangehensweisen an die Thematik gewährleistet werden. In einer darauf aufbauenden, moderierten Diskussion wird es genügend Raum geben, um verschiedene Fragen zu erörtern.
Mit Christoph Muck und Manuel Wenda (berliner jungs)

 

12.45 -14.00       Mittagsmenu mit informellem Austausch (es werden  zwei Vor- & Nachspeisen, sowie vier Hauptgerichte mit und ohne Fleisch zur Auswahl serviert)

 

14.00 -15.30       Workshops 5-8

WS 5: Therapie? Ich bin doch nicht verrückt! Hilfeformen für Jungen, die sexuelle Gewalt erlebt haben

Die Arbeit mit sexuell misshandelten Jungen ist sehr heterogen, aber nicht beliebig. Im Workshop werden Zugangswege, Haltungen und Methoden diskutiert, die sich in der Praxis als hilfreich erwiesen haben.
Mit Peter Mosser und Wolfgang Werner (mut)

 

WS 6: Prostitution = Handel mit Menschen?

Menschen, die sich mit dem Thema Prostitution beschäftigen, stoßen fast zwangsläufig auch auf den Begriff „Menschenhandel“. In diesem Workshop werden wir zunächst eine klare Unterscheidung beider Begrifflichkeiten kennenlernen, indem wir vor allem die rechtlichen Hintergründe genauer betrachten. Im zweiten Schritt werden wir uns mit diesem Hintergrundwissen die Praxis anschauen und diskutieren: Ist ein junger Mann, der zum Anschaffen mit nach Deutschland genommen wird, ein Opfer von Menschenhandel? Gibt es überhaupt selbstbestimmte Prostitution?
Mit Dr. jur. Martin Schaar und Elisabeth Lange (subway)

 

WS 7: Sexuelle Gewalt gegen Jungen im Internet – Gesellschaftliche Realität und Wege der Kontaktaufnahmen. Mit Daria Zamarlik und Henk Göbel (berliner jungs)

Die überwiegende Mehrzahl der Jungen besitzt heute ein internetfähiges Smartphone. 24 Stunden online zu sein ist für sie eine Lebensrealität, die kaum hinterfragt wird. Durch das Onlinestellen von vielen persönlichen Daten in sozialen Netzwerken können Dritte sehr schnell Kontakt zu Jungen aufnehmen und darüber hinaus Profile der einzelnen Jungen erstellen, wenn deren Daten nicht ausreichend gesichert sind. In diesem Workshop werden wir folgenden Fragen nachgehen:
Wie sind Jungen in der Onlinewelt gefährdet? Welche Strategien finden beim Cybergrooming statt? Welche Herausforderungen entstehen für die Arbeit mit Jungen? Wie sind die rechtlichen Grundlagen? Wo sind Grenzen der Nachweisbarkeit?
Diese Fragen werden unter dem Blickwinkel der „Ermittler“ – Arbeit durch die IT Fornesik und unter dem Blickwinkel der Fachberatunsgstelle „berliner jungs“ betrachtet.

 

WS 8: Betroffen und übergriffig – Haltung in der Arbeit mit sexuell grenzverletzenden Jungen

„Ben, ein grenzverletzter Grenzverletzer“ – Im Workshop wird anhand eines Fallbeispiels die Haltung und Arbeit mit einem Jugendlichen mit sexualisiert grenzverletzendem Verhalten aufgezeigt. Da dieser Jugendliche selbst Betroffener sexualisierter Gewalt war und seine eigenen Grenzen verletzt wurden, werden die WorkshopteilnehmerInnen sich mit dem Opfer- und Täteranteil dieses Jugendlichen auseinandersetzen. Dabei werden auch Elemente der traumapädagogischen Arbeit einbezogen.
Mit Torsten Kettritz und Marek Spitczok von Brisinski (mut)

 

15.30 -16.00       Kaffeepause

 

16.00 – 17.00      Von der Theorie zur Praxis – Die  Angebote von HILFE-FÜR-JUNGS stellen sich!

In zahlreichen unterschiedlichen Gesprächssituationen werden Arbeitserfahrungen, Methoden und Ansätze aus den vier Projekten von HILFE-FÜR-JUNGS vorgestellt und die Teilnehmenden können in Fachaustausch treten und Fragen und Diskussionen mit den Mitarbeitenden von HILFE-FÜR-JUNGS erörtern.

subway – Für Jungen und junge Männer, die anschaffen gehen

berliner jungs – Hilfe für Jungen bei sexueller Gewalt

Projekt Ambulante Hilfen – Betreuung, Beratung, Begleitung

mut – mobile unterstützende Traumahilfe
– Beratende und therapeutische Hilfen für Jungen mit Belastungen aufgrund von erlebter sexueller Gewalt. Arbeit mit sexuell grenzverletzenden Jungen, die von sexueller Gewalt betroffen sind.

 

17.00 – 18.00      Schluss und Aus – mit dem Berliner Playbacktheater DIE SPIEGELNEURONEN
www.playbacktheater-die-spiegelneuronen.de

 

danach: Come Together in der „Restauration Deponie Nr. 3“, Georgenstr. 5

 

Beteiligte am Fachtag (extern):

Lars Dabbert, Erzieher, Gestalttherapeut (DVG), Psychotherapie (HP), Dozent für Traumapädagogik (ITB), Ausbildungstrainer für Gestaltpädagogik (IGP), Supervisor und Berater

Norbert Denef,  Vorsitzender von  netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V., setzt sich für die Aufhebung der Verjährungsfristen im Zivil- und Strafrecht, sowie für angemessene und  gerechte Entschädigungen ein. Fachmann, der zu aktuellen Fragen öffentlich Stellung bezieht und der Meinung ist, dass Politik wegschaut, wenn Deutschland seine Kinder misshandelt.

Tanja Gangarova, Fachreferentin für Migration der Deutschen AIDS-Hilfe

Daniel Renè Hartmann, Erzieher, Betroffener von sexueller Gewalt, organisatorischer Mitarbeiter von HILFE-FÜR-JUNGS

Britta Holmberg, Projektdirektorin der World Childhood Foundation, Stockholm

Frauke Homann, Sozialarbeiterin i.R., vormals  in einem Berliner Kinderschutzteam

Torsten Kettritz, Dipl.Pädagoge, Erzieher, Heilpädagoge, Traumapädagoge, Therapie und Beratung sexuell übergriffiger Kinder und Jugendlicher (DGfPI); Beratung männlicher Betroffener sexualisierter Gewalt (DGgKV); Mitautor Broschüre Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt „Umgang mit sexuell übergriffigen  Kindern und Jugendlichen…“ und in „Ben – ein grenzverletzter Grenzverletzer“ in: Jungen und Männer als Betroffene sexualisierter Gewalt.  Hrsg.: Peter Mosser / Hans Joachim Lenz (2014)

Peter Mosser, Dipl.Psychologe, Systemischer Therapeut und Traumatherapeut, Beratungsstelle kibs, München

Christoph Muck,  M. Sc. Psychologe , Zartbitter Münster

Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Wirtschafts-, Sozial und Gesundheitswissenschaftler, ist Professor für Gesundheitspolitik an der Charité in Berlin. Von 1988 bis 2012 war er Leiter der Forschungsgruppe Public Health im Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), von 1999 bis 2009 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR-G). Seit 2012 hat er den Vorsitz des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes – Gesamtverband inne.

Dr. Christian Sachse, Politikwissenschaftler; forscht über DDR-Heimerziehung und Zwangsarbeit in der SBZ/DDR

Dr. jur. Martin Schaar, Strafverteidiger
Im Januar 2014 wurde die Promotionsschrift von Rechtsanwalt Dr. Schaar veröffentlicht. Die Arbeit trägt den Titel “Der Grundtatbestand des Menschhandels zur sexuellen Ausbeutung in § 232 Abs. 1 StGB – Versuch einer Rechtsgutsbestimmung und teleologische Reduktion unter besonderer Berücksichtigung des Prostitutionsgesetzes”.

Rainer Ulfers, Diplom Sozialpädagoge,  Traumafachberater DeGPT, basis-praevent, basis &  woge e.V.

Lutz Volkwein, Sozialarbeiter i.R., Mitbegründer von HILFE-FÜR-JUNGS e.V.

Daria Zamarlik, Sachverständige für IT-Forensik, Forensik.IT GmbH, München

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